Gott ist das Gute

Die Frage nach dem Wesen Gottes lässt sich kaum beantworten. Dies ist die philosophische Komponente aller Religionen.

Im Wort "Gott" steckt aber auch, Zufall oder nicht, ein Hinweis, der lauten könnte: Wir sollten uns an einem Handeln orientieren, das gesamtgesellschaftlichen Nutzen trägt. Vielleicht besteht hierin das allerhöchste religiöse Gebot. Hier landen wir in der sozialen, weltlichen Dimension.

Doch was ist gut? Es gibt viele Meinungen darüber. Ich erkenne aber vier Stufen:

Wohl alle Religionen geben ihren Anhängern Regeln auf den Weg, wie sie sich verhalten sollen. Prominentes Beispiel: Die Zehn Gebote. Oftmals sind es auch historisch gewachsene Verhaltensregeln, die Geistliche in ihrer Zeit durch Auslegung von Bibel, Koran oder anderer Schriften festlegen. Nicht selten wird Gläubigen gedroht, sie würden Gott bzw. die Götter verärgern, wenn sie sich nicht dran halten. Dahinter steckt natürlich ein praktischer Nutzen: Soziale Regeln brauchen dann nicht ausdiskutiert werden. Stattdessen werden sie auf diese Weise einfach festgelegt. Zum Teil sind es Regeln, die eine Gesellschaft zusammenhalten und auf diese Weise tatsächlich Gutes bewirken. Oft zementieren Herrschende oder Geistliche damit aber auch ihre Macht. Kontrovers wird es etwa bei der Rolle der Frau im Islam. Ein festgelegtes Rollenbild mag tatsächlich über Jahrhunderte Gesellschaften gefestigt haben. Männer als Geistliche sorgten aber auch vielfach dafür, dass allein sie die Regeln bestimmen und schufen damit die Grundlage für Unterdrückung bis hin zur Ausbeutung.

Unter denkenden Menschen in einer aufgeklärten Gesellschaft sollte es eigentlich möglich sein, selbst zu einem verantwortlichen Handeln zu kommen. Und tatsächlich hat sich in den verganenen Jahrzehnten viel getan. Materieller Wohlstand trägt dazu bei, die egoistische Sichtweise zu überwinden, aber er ist leider keine Garantie dafür. Auch wer schon alles hat, giert nach mehr. Wir wollen nicht nur im Moment gut leben, sondern auch bis zum Tod bestens abgesichert sein. Menschen sehnen sich zudem nach Anerkennung und Respekt. Wenn sie diese nur durch Anhäufung von Reichtümern bekommen können, werden sie weiterhin egoistisch handeln. Eine Gesellschaft kann sich aber nur weiterentwickeln, wenn das Handeln für das Gemeinwohl zu einer höheren Anerkennung führt.

In gewissem Rahmen funktioniert das schon. Wer sich ehrenamtlich engagiert, erhält Anerkennung. Gleichzeitig tragen alle Menschen aber einen Teil Verantwortung für die schlimmen Dinge auf der Welt: Fleisch aus Massentierhaltung, billige Kleider und Elektronik aus autoritären Staaten in Fernost, Umweltsünden durch Kohle- und Atomstrom. Selbst in offenen Demokratien entscheiden sich Politiker meist nur für Lösungen, die allein ihrem eigenen Land bzw. ihrem eigenen Machterhalt nutzen. Hieraus resultieren strategische Entscheidungen, durch die Stellvertreterkriege wie in Syrien erst möglich werden. Es geht vor und zurück. Obama war schon weiter als Trump. Wenn die deutsche Politik finanzielle Zugeständnisse für eine gemeinsame Europapolitik macht, dann ist das ein Stück weit global gedacht. Dennoch liefert Deutschland Waffen in Krisengebiete, entweder aus plumpem wirtschaftlichen Interesse oder auch rationell begründet mit zu weltpolitisch-strategischen Argumenten. Hier wird es brutal. Es ist leicht und wahrscheinlich auch richtig, dies zu verurteilen. Politiker stehen aber vor der Frage, welche strategischen Partner sie unterstützen wollen, um ein Abgleiten einer Region in eine Anarchie zu vermeiden. Stabilität oder Demokratie? Assad oder Islamisten? Häufig ist es die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Genauso leicht lässt sich fordern, die Wirtschaft zu reglementieren. In einer globalisierten Welt funktioniert das leider nur begrenzt, solange weltweit unterschiedliche Produktionsstandards herrschen. Das Grundproblem: Firmen erwirtschaften die höchsten Gewinne dort, wo sie Menschen, Tiere und Umwelt am stärksten ausbeuten. Erst wenn einheitliche Standards herrschen, kann eigentlich ein gerechter Wettbewerb herrschen. Auflagen für die Umwelt und bei den Produktionsbedingungen würden allerdings manches Geschäftsmodell durchkreuzen. Deshalb gibt es starke Kräfte, die den Status Quo bewahren möchten. Sie haben mehr Geld und Macht als diejenigen, die von einem posiiven Wandel profitieren würden.

Meist landen wir bei Kompromissen, auch im Privaten. Man könnte wie ein Asket leben und sein gesamtes Einkommen spenden. Selbst damit würde der Einzelne diese globalen Probleme nicht lösen. Man muss sie aber auch nicht ignorieren. Wir haben selbst die Wahl zwischen "Hölle" und "Paradies auf Erden". Nichts anderes sehe ich in diesen biblischen Kategorien. Bei jeder Handlung sollte man sich eigentlich fragen: Ist das gut für alle? Führe uns nicht in Versuchung... Und ich weiß, dass ich selbst kein Purist bin, bei Regen lieber mit Auto als mit Rad fahre, am Imbiss auch mal eine Wurst aus Massentierhaltung verzehre oder gelegentlich in den Urlaub fliege. Was das bedeutet, sollte einem aber zumindest bewusst sein. Im Prinzip läuft es auf eine "grüne" Grundhaltung hinaus, was nicht automatisch bedeutet, dass die dazugehörige Partei immer die richtigen Ideen hat. Wichtig wäre aber, dass Menschen in allen Ländern, vor allem die Mächtigen, diese Maxime beherzigen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten eben sich selbst, ihre Clique oder Nation zurückstellen, um tatsächlich für eine bessere Welt zu sorgen.


von Peer-Axel Kroeske
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